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Nachrichten in alle Netze
Katrin Rosalind Bucher Trantow
Bernhard Wolfs Nachrichten im Stadtraum sind gute Nachrichten. Sie sind eindringlich, auffallend und auch wenn sie sich eines minimalen Zeichenvokabulars bedienen, so sprechen sie gerade durch ihre Direktheit und den dazu gewählten städtischen Umraum unmittelbar an. Sie fordern auf hinzuschauen, sonst gern Ausgeblendetes zu sehen und durchaus entlarvend, sich bei der Dekonstruktion der eigenen Vorurteile selbst zuzulächeln.
ICH KOMME VON DER ERDE UND HABE GUTE ABSICHTEN ist eines der prägnantesten seiner Losungen im Stadtraum. In diesem, in mehrere Sprachen übersetzten, und ironisch verfremdeten Zitat aus einer möglichen Science Fiction Welt bekommt das Thema der Migration einen gänzlich neuen Beigeschmack, der alle Menschen zu potentiellen SiedlerInnen in anderen Welten macht. In der Tradition sprach- und konsumkritischer KonzeptkünstlerInnen wie Barbara Kruger spricht Wolf mit einer geradezu comichaften Leichtigkeit hier auf Missstände und Ungleichgewichte in der gesellschaftlichen Zusammensetzung an. Auf die damit einhergehende Vernachlässigung ganzer Stadträume und deren Architektur und den darauf abgeladenen Überfluss an sonnigen Werbebotschaften. Die Arbeit macht darauf aufmerksam, wie sich die Prägung eines Stadtgebietes durch Randzonen, die Übergangs- oder Nichtorte (Auge) und deren kommerzielle Behandlung in unserer Wahrnehmung generiert.
Wolfs Bilderbotschaften, die gerade durch ihre kommerzielle Nutzlosigkeit auffallen, sind als Serie gedacht. Sie breiten sich viral über den Stadtraum aus, stecken andere Räume an, bis sie zu gern gesehenen Trägern der eigenen, frohen Botschaft gegen das Vorurteil allerorts werden können. Sie sind, wie ihr Inhalt, einfach und klar. Mit ihrer wiedererkennbaren Ikonenhaftgkeit der schwarzen Schrift auf weißem Grund verschönern sie etwa graue Feuerwände und harmonisieren sowohl gebaute als auch sprachliche Ungleichgewichte. In großformatiger Schablonentechnik gefertigt, sind es Fassadenmalereien, die sich direkt mit der Architektur verbinden. Ganz entgegen klassischer Werbung, mit dem sie das Schriftbild und die Serialität gemeinsam haben, sind sie nicht als Applikationen zu sehen, sondern erhalten in der Verschmelzung eine Objekthaftigkeit, die mit dem „Untergrund“ eine skulpturale Einheit ergibt.
So ist jeder Schriftzug mit seinem räumlichen Gastgeber in perfekter Harmonie. Erst über das beiderseitige Wesen, wird durchaus mit subtilem Humor, die Nachricht der zivilisierten Ankunft und Inbesitznahme kundgetan. Die Einfachheit von Wolfs Botschaft darf dabei nicht über deren Gehalt hinweg täuschen. Naiv mögen die Aussagen nur auf diejenigen wirken, die in Brüchen mit sich selbst und dem alltäglichen Bilderkonsum im städtischen Umfeld den kritischen Gesamtgehalt nicht erkennen können, der an der generellen Zweckoptimierung der Gesellschaft kratzt. „Nichts wird verkauft, nichts wird angekündigt, sie sind nicht im Vorbeigehen konsumierbar.“ (Bernhard Wolf).
„Jede/r decodiert Bilder seinem Habitus entsprechend, folgt unterschiedlichen, kulturell wie sozial geprägten Assoziationsimpulsen,“ schreibt Judith Laister und macht dabei auf den wichtigen Umstand der allgemeinen Verständlichkeit aufmerksam, der Wolf hier durch seine diversen Übersetzungen in relativ engem architektonischen Zusammenhang ein weiteres ausgleichendes und harmonisierendes Gewicht gibt. „Wer etwa über kunsthistorische Kenntnisse verfügt, findet in Bernhard Wolfs Repertoire Ähnlichkeiten mit Werken aus Op-Art, Pop-Art, Informel oder Konzept-Kunst. Wem die Codes der österreichischen Konsum- und Medienwelt oder die Icons virtueller Welten vertraut sind, vermag gemeinsame Eigenschaften mit diesen zu assoziieren. Während klassische Reklame auf diese Relativität der Bildwahrnehmung gezielt reagiert, indem die positiven Merkmale eines Konsumgutes auf unterschiedlichen bildlichen und verbalen Ebenen hervorgehoben werden, wollen Bernhard Wolfs Einschreibungen in den Stadtraum weder fetischisieren noch manipulieren. Vielmehr wollen sie „Widerhaken streuen, um Sehgewohnheiten zu brechen“ (Laister) und das ist es was sie in unseren Spaziergängen durch die Stadt immer wieder und stets aufs neue tun.
Katrin Rosalind Bucher Trantow ist stellvertretende Leiterin des Kunsthaus Graz